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Bildung + Innovation Das Online-Magazin zum Thema Innovation und Qualitätsentwicklung im Bildungswesen

Erschienen am 14.03.2024:

Die Geschichte der Emanzipation von Frauen sichern

30 Jahre „Turm der Frauen“
Das Bild zum Artikel
Bildrechte: Benedikt Geyer auf Pixabay

Das von Alice Schwarzer gegründete Feministische Archiv und Dokumentationszentrum ist 1994 in den Kölner Bayenturm gezogen. Seitdem heißt es FrauenMediaTurm (FMT). Es beherbergt eine umfassende Sammlung über die Historische und Neue Frauenbewegung, um die Geschichte der Emanzipation von Frauen zu sichern. Neben einer ausführlichen Online-Recherche ist es auch möglich, in der Präsenzbibliothek nach Voranmeldung die Originale einzusehen.


Der Bayenturm in Köln hat eine lange Geschichte. Erbaut im 12. Jahrhundert, war er 600 Jahre lang das Wahrzeichen der Stadt. Im 2. Weltkrieg wurde der mittelalterliche Wehrturm dann stark zerstört und in den 1990er-Jahren wiederaufgebaut. Heute gehört der Turm den Frauen: Am 26. August 1994 zog das „Feministische Archiv und Dokumentationszentrum“, eine gemeinnützige Stiftung, die 1984 von Alice Schwarzer unter einer großzügigen Anschubfinanzierung von Jan Philipp Reemtsma gegründet wurde, in den Bayenturm. Seitdem wird das Archiv FrauenMediaTurm (FMT) genannt. Der Turm ist modern ausgebaut und befindet sich mitten in dem 2014 neu gestalteten Rheinauhafen. Die Geschichte, den Wiederaufbau und den Einzug des FMT in den Turm vor 30 Jahren dokumentiert das Buch „Turm der Frauen“, das Alice Schwarzer zur Eröffnung publiziert hat.

Ziel und Inhalt des FTM
Anliegen des feministischen Archivs ist es, die Geschichte der Emanzipation von Frauen zu sichern und zu vermitteln. Im FTM werden Bücher, Dokumente und Bilder zur Neuen und Historischen Frauenbewegung, zu Pionierinnen aus allen Zeiten und zur aktuellen Lebenslage von Frauen dokumentiert, archiviert und regelmäßig aktualisiert. Alice Schwarzer, Journalistin, Essayistin, EMMA-Verlegerin und Gründerin des Archivs, ist zugleich Vorstandsvorsitzende. Den Vorstand bildet sie gemeinsam mit Prof. Dr. Barbara Schock-Werner, Architektin, Kunsthistorikerin und ehemalige Dombaumeisterin zu Köln und Prof. Dr. Johanna Wanka, Mathematikerin und ehemalige Bundesministerin für Bildung und Forschung. Ihnen stehen Beirätinnen beratend zur Seite. Einzelne Projekte wurden vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und dem Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend unterstützt. Seit Juni 2016 wird der FMT im Rahmen des Digitalen Deutschen Frauenarchivs (DDF) gefördert.

Sammelschwerpunkte
Sammelschwerpunkte des Archivs und Dokumentationszentrums sind die Historische Frauenbewegung ab Mitte des 19. Jahrhunderts bis 1933 mit dem Schwerpunkt auf die sogenannten „Radikalen“, die Neue Frauenbewegung und die gesellschaftliche Entwicklung der Gleichberechtigung ab 1971, Pionierinnen, feministische, deutschsprachige Publikationen ab Anfang der 1970er-Jahre und historische Publikationen der Frauenrechtlerinnen. In der Chronik der Neuen Frauenbewegung wird in 25 Aktenordnern übersichtlich und systematisch die Entstehung und Entwicklung der Neuen Frauenbewegung in Deutschland dokumentiert. Hunderte von Dokumenten aus Hinterlassenschaften der Aktivistinnen sind eingeflossen. Der Kampf gegen das Abtreibungsverbot wurde zum Auslöser der Frauenbewegung: Alice Schwarzer initiierte 1971 die Aktion „Wir haben abgetrieben“ in dem Magazin Stern, in der sich zahlreiche prominente Frauen dazu bekannten, abgetrieben zu haben. Die Aktion löste eine breite Protestwelle gegen den § 218 aus, an der sich viele Frauen in der gesamten Bundesrepublik beteiligten. Mit der ebenfalls von Schwarzer herausgegebenen Zeitschrift EMMA erhielten Feministinnen dann ab 1977 eine überregionale, öffentliche Stimme.

Das Medienportal zur Neuen Frauenbewegung
Im Medienportal des FMT erinnern sich Pionierinnen der Neuen Frauenbewegung in Zeitzeug*innen-Interviews und historischen Radio- und Fernseh-Sendungen an den radikalen Aufbruch. Neben Schwarzer kommen hier viele in den 1970er-Jahren aufgebrochenen feministischen Persönlichkeiten wie Silvia Bovenschen, Christiane Erlemann, Ute Geißler, Cristina Perincioli oder Helke Sander zu Wort. Sie haben das Leben von Millionen Frauen und Männern verändert und unser heutiges Leben und unsere Gesellschaft geprägt. Einzelne Debatten – zu Homosexualität, Körper & Gesundheit, Arbeit: Beruf und Familie, Für das Recht auf Abtreibung u.a. – werden in Themendossiers ausführlich behandelt.

Eine umfassende Sammlung
Die Literaturdatenbank des FrauenMediaTurm bietet über 60.000 Nachweise. Darunter finden sich Sachbücher über feministische Theoretikerinnen, Nachschlagewerke zu frauenrelevanten Themen, Adress- und Bestandsverzeichnisse, literarische Werke, die feministisch relevant und eine hohe schriftstellerische Qualität haben, zum Beispiel Werke von Virginia Woolf und Elfriede Jelinek. Berichte von Zeitzeuginnen, Biografien über Wissenschaftlerinnen, Politikerinnen, Frauenrechtlerinnen und auch Sportlerinnen. Graue Literatur – unveröffentlichte Hochschulschriften, Tagungs-, Kongress-, und Jahresberichte von feministischen Organisationen, Vereinen und Verbänden – ist eine besonders wichtige Informationsquelle über die Aktivitäten von Frauenprojekten und -organisationen, da sie nicht im Buchhandel erhältlich ist. Dazu kommt eine Bilddatenbank mit ca. 8.000 Fotos, Plakaten und Flugblättern. Eine Pressedokumentation veranschaulicht die Geschichte der Neuen Frauenbewegung und ihre Folgen (ca. 1968-1994) mit rund 29.930 Zeitschriftenausgaben (1.000 Titel). Daneben enthält die Sammlung eine dynamische Linkliste zu feministisch relevanten Themen und die vollständige Digitalisierung von bisher allen Ausgaben des Magazins EMMA (1977-2023). Im digitalen EMMA-Lesesaal kann man die Volltexte recherchieren, in der Präsenzbibliothek kann man sie und die 1000 weiteren Zeitschriften unter vorheriger Anmeldung im Original lesen.

Die Qualität der FMT-Dokumentation wird durch eine fundierte inhaltliche Erschließung durch den 1994 vom FMT entwickelten, laufend aktualisierten, ersten deutschsprachigen feministischen Thesaurus gewährleistet. Er wurde seither von zahlreichen feministischen Archiven übernommen und weiterentwickelt.

Metasuche
Als erstes deutsches feministisches Archiv wurde der FMT Mitglied eines bibliothekarischen Verbundes. Seit 2009 erlaubt die Kooperation mit dem Hochschulbibliothekszentrum NRW (hbz) die Teilnahme am bibliotheksübergreifenden Leihsystem und die Einspeisung der Bestandsdaten in eine Metasuche. Die Digitale Bibliothek (DigiBib) ermöglicht eine Recherche in zahlreichen lokalen, nationalen und internationalen Katalogen sowie kostenfreien und lizenzierten Fach- und Volltextdatenbanken. Der FMT ist auch Mitglied bei i.d.a., dem Dachverband der deutschsprachigen Frauen-/Lesbenarchive,-bibliotheken und -dokumentationsstellen und trägt zur Erstellung von dessen META-Katalog bei. Der META-Katalog ist die Suchmaschine zur Frauenbewegung und bietet als zentrale Nachweisdatenbank Zugang zu den Bestandsdaten aller rund 40 Mitglieds-Einrichtungen. So sollen die Archiv- und Bibliotheksbestände in einer zentralen Nachweisdatenbank sichtbar gemacht werden.

Vor Ort im Turm
Besuchen kann man die FMT-Präsenzbibliothek im 4. Stock des Turms nach Voranmeldung von Montag bis Freitag zwischen 10 und 17 Uhr. Dort erhält man Einsicht in die über 100.000 erschlossenen Dokumente. Jeden vierten Mittwoch im Monat finden auch öffentliche Führungen statt, in denen die Geschichte des Bayenturms, die moderne Innenarchitektur, die Stiftung FrauenMediaTurm oder die Inhalte der feministischen Bibliothek und des Archivs im Fokus stehen.

Der historische Gewölberaum im Erdgeschoss des Turms kann für Vorträge, Lesungen, kleine Konzerte oder Besprechungen (nicht für private Feste) gemietet werden. Dort findet am 24. August 2024 auch die große Feier zum 30-jährigen Bestehen des FrauenMediaTurm statt.

 

 

Autor(in): Petra Schraml
Kontakt zur Redaktion
Datum: 14.03.2024
© Innovationsportal

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